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Alpenroute

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Bevor ich schweizerischen Boden betrete – ich bin einen Steinwurf von Genf entfernt – lasse ich die letzten Tage in den französischen Alpen Revue passieren. Zurueck nach Korsika. In Bastia nehme ich die Fähre nach Italien. Als ich dort das Cyber Kaffee verlasse, rauscht ein Tourenradler an mir vorbei. Ich hole Olivier bald ein. Auch er nimmt die Fähre nach Savona. Olivier ist aus der Nähe von Lausanne und will nächstes Jahr auf der östlichen Route nach Südafrika radeln. Er kennt sich in den französischen Alpen gut aus und so tauschen wir eifrig Informationen.
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Einmal in Savona angekommen, verabschieden wir uns auch schon. Ich radle der Küstenstrasse entlang, der Via Aurelia, bis nach Ventimiglia und danach Richtung französische Grenze. Die Strände sind vollgepfropft mit Muessiggaengern, die sich Ellbogen an Ellbogen in der Mittagssonne aalen. Ich staune nur darueber, dass sich die Leute dies freiwillig antun, die wohl das Gleiche von mir denken werden. Ich klappere zahlreiche Veloläden ab, denn ich brauche für die nächsten Tage ein paar Beinlinge. Ein Veloweg einige Kilometer vor San Remo sorgt für einige ruhige und erholsame Momente und laesst die stark befahrene Hauptstrasse vergessen. Vorbildlich. Vielleicht liegt es daran, dass die Velolobby in San Remo dank des Eintagesklassikers Milano – San Remo, la Classicissima, staerker als anderswo ist.
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Kurz vor dem Feiertag “Ferragosto” sind die Campingplätze ausgebucht, was mir mehr als recht sein kann, denn ich habe keine Lust, eingepfercht in einem Kaninchenstall und für Lärmimmissionen noch Geld auszugeben. Stattdessen fahre ich ab Ventimiglia Richtung Norden. Es wird eine lange Etappe von über 140 Kilometer. Ein Zeltplatz ist im engen Flusstal unmöglich zu finden. Ich erreiche die letzte Ortschaft auf italienischem Boden, Fanghetto, in der Dunkelheit. Im idyllischen Dorf leben noch zwei Einheimische, ansonsten nur Touristen, Niederländer und Franzosen, die hier ihre Sommerresidenz in einem renovierten Steinhaus haben. Für die Übernachtung suche ich mir eine Steinbank neben dem Brunnen in einer Arkade aus. Fliessendes Wasser und ein Dach ueber dem Kopf, mehr brauche ich nicht. Ich bin zufrieden. Doch schon bald wird mir eine leerstehende Vorratskammer inklusive einer warmen Dusche angeboten. Dazu ein Plauderstuendchen. Eine angenehme Ueberraschung. Ich bin gluecklich.
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Am nächsten ‘Tag bin ich während eines Intermezzo von 40 Kilometer in Frankreich. Ich peile den Colle di Tenda auf 1870 M an, der suedlichste der grossen Alpenpaesse. Er fährt sich trotz Verkehr und vielen Motorradfahrern gut. Die verschwinden dann ohnehin alle im Tunnel und die letzten rund 7 Kilometer und spektakulaere 46 Haarnadelkurven bin ich dann abgesehen von einer Schafherde und vier boesen Hirtenhunden praktisch alleine. Die Beinlinge kann ich nun ganz gut gebrauchen, denn bald fängt es an zu regnen, es kuehlt ab. Die Strasse ist im oberen Teil dann ungeteert, eine richtig tolle Passstrasse.
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Dichte Nebelschwaden ziehen dann am Schluss auf und als ich endlich auf der Passhöhe bin, kann ich im dichten Nebel nur mit Muehe eine der zahlreichen militaerischen Festungen finden. Im Regen und Nebel zu zelten ist nicht sonderlich einladend. Sehr willkommen fuehle ich mich aber in der Festung auch nicht. Ein enger Gang führt in einen kleinen Vorraum. Drei kleine Gänge führen zu Schiessluken, während eine Treppe vier Stockwerke runter in die absolute Dunkelheit einlädt. Von dort fuehrt dann ein abfallender Tunnel direkt in die Hoelle, wie es mir vorkommt. Das Ganze ist mir dann doch etwas unheimlich und gruselig und ich steige rasch wieder die Treppen hoch. Ich habe keine Lust, noch weiter den Untergrund zu erforschen. Die Zeltstangen finden nur mit Kraftaufwand Platz im engen Vorraum. Es zieht fürchterlich und die Wassertropfen hängen schwer in der Luft. Ein paar Podcasts lenken mich zum Glück etwas ab.
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Am nächsten Tag hat sich der Nebel nicht verzogen. Ich warte zunächst ab, entschliesse mich dann aber, keine zweite Nacht in dieser Militärfestung  verbringen zu wollen. In der Talsenke wird das Wetter wohl besser sein. Auf der italienischen Seite zeigt sich dann bald ein Bergrestaurant, wo ich mit dem sympathischen Paar Giorgio und Gaby aus Cuneo ins Gespräch komme. Schweren Herzens lehne ich ihr Angebot ab, bei Ihnen in Cuneo zu übernachten, denn ich will noch zum Fusse des nächsten Passes fahren. Das Wetter klart nun endlich etwas auf.
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In Borgo San Dalmazzo trockne ich zunächst mein Zelt in einem öffentlichen Park und geniesse nochmals einen Espresso in der gegenüberliegenden Bar. Dort stellt mir, wie sich später herausstellen wird, der Bürgermeister Paolo, unuebliche und interessante Fragen über meine Reise. Auch hier wird mir eine Bleibe angeboten – doch ich bleibe nicht, dafuer bei meinem Plan. Ich fahre dem Valle di Stura auf einem ruhigen Veloweg fernab vom Verkehr bis zur Abzweigung zum Colle della Lombarda, wo ich am Flussufer wild zelte.
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Der Col de la Lombarde (2350 M) ist von der italienischen, nördlichen Seite her, gut zu fahren. 24 Kilometer lang, durchschnittlich knapp sechs Prozent Steigung mit einigen wenigen flacheren Abschnitten. Die Campingplätze sind in diesen Sommertagen meist ausgebucht, sodass meine warme Dusche noch einige Tage warten muss. Ich bin nun auf der Route des Grandes Alpes, die vom Mittelmeer bis zum Lac Léman über die französischen Alpen führt. Leider nicht nur bei Velofahrern beliebt.

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Es geht nun rauf zum Col de la Bonette, 2715 M hoch. Nach dem Pass führt noch einen steilen Kilometer lang “la plus haute route de l´Europe”, wie grossmundig auf Schildern prangt, rund um den Cime de la Bonette zu einem Monument. Es gibt noch hoehere Gebirgsstrassen in Europa, was aber von den Franzosen nicht gerne gehoert wird. Kaum dort angekommen und mein Velo abgestellt, um zu Beweiszwecken ein Foto zu schiessen, werde ich von ungeduldigen Motorradfahrern schon höflich gebeten, doch das Velo auf die Seite zu schieben. Oh-Oh. Das kommt bei mir nach drei Stunden Schwitzen und Treten am Berg, und nachdem ich Hunderte von vorbeirasenden Motorradfahrern ertragen musste, ganz einfach schlecht an. Immerhin kommen meine lauten Schimpftiraden bei den anderen Velofahrern gut an.
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Immerhin treffe ich noch “normale” Radler an. Wie den 66-jährigen André aus Toulouse, der von einer dreimonatigen Tour auf dem Balkan und in Albanien zurückkehrt. Erst vor wenigen Jahren habe er mit Velotouren angefangen. Es habe ihm unglaublich gut gefallen in Albanien, er habe sich in das Land verliebt, die Leute seien sehr freundlich gewesen. Doch sobald er wieder hier in Europa eingetroffen sei, habe es ihm abgelöscht. Die Leute seien gestresst, weniger freundlich. Er vermisse die Gastfreundlichkeit. Er bereue, dass er nicht als Jugendlicher Veloreisen unternommen habe. Die Einfachheit dieser Reiseart und die Begegnungen haetten ihm den Horizont geoffnet.

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Die nächsten Tage geht es stets mit Durchschnittsgeschwindigkeiten von 6 bis 8 km/Std rauf und mit fast zehnfacher Geschwindigkeit in langen Abfahrten wieder runter. Nach dem Col de Vars, 2111 M, finde ich dann endlich einen Campingplatz, um wieder einmal eine warme Dusche zu nehmen. Dort finde ich auch den Freak Christopher, 46 Jahre, aus Cumbria/England. Er ist in den Sommermonaten unterwegs, um die höchsten Alpenpässe zu besteigen und zu wandern. Anstelle von Wasserbidons hat er zwei Champagnerflaschen am Velorahmen und Korken zieren die Speichen seiner Raeder. Er ist in seinem Leben schon weit herumgekommen und geniesst umso mehr die Alpen.

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Der Col de l`Izoard (2360 M) ist landschaftlich auf den letzten Kilometern der “Casse Déserte”, einer Verwitterungslandschaft, besonders reizvoll. 32 Mal fuehrte die Tour de France ueber diesen Pass. Unterwegs erinnern zwei Schilder an einem Felsen an die Radlegenden Fausto Coppi und Louison Bobet.

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Der Col du Lautaret, 2058 M, ist nur die Vorstufe bzw. auf der Abzweigung zum Col du Galibier, 2677 M , einem Klassiker der Tour de France, ein Pass Hors Categorie, der schon sehr oft gefahren wurde.

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Nun gibt es einen etwas flacheren Abschnitt zwischen St. Michel de Maurienne und Lanslebourg. Von einem der “schönsten Dörfer Frankreichs”, wie es am Dorfeingang von Bonneval-sur-Arc heisst, führt die Strasse zum Col de l´Iséran, mit 2764 M der höchste ueberfahrbahre Gebirgspass Europas. Der riesige Parkplatz vor dem Dorfeingang und die Hundertschaften von Touristen, die das Dorf belagern, sind dann weniger schoen. Auf der anderen Seite des Passes liegt der Skiort Val d´Isère und eine lange Abfahrt bis nach Bourg St. Maurice. Erst sieben Male fuehrte die Tour de France ueber diesen Pass.

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Bevor das grosse Gaehnen bei der Aufzaehlung all dieser Paesse aufkommt: frueher als erwartet ist es geschafft. Der Cormet de Roselend (1967 M) führt durch eine wasserreiche Schlucht und einem Staudamm.

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Die Paesse flachen nun ab. Der Col de la Saisie (1633 M) liegt im Skiort Saisie, wo ich einen Nachmittag lang im Tourismusbüro verbringe und den Entwurf zum vorliegenden Artikel schreibe, während es draussen bestaendig regnet. Um sechs Uhr Abends endlich hoert es etwas auf, sodass ich mich auf dem Weg zum Camping mache. Da ich aber keine Dusche benoetige, reut es mich, die 11 Euro in diesem Drei-Sterne-Camping auszugeben, wo man fuer eine warme Dusche nochmals einen 1-Euro-Jeton einwerfen muss. Auf dem Campingplatz wird das erwartete Nachtgewitter nicht trockener sein als anderswo und das waldige Gebiet eignet sich ohnehin gut, um wild zu zelten. Ich fahre weiter und bei der erstbesten Gelegenheit frage ich einen Herrn, der gerade Mountainbikes in einer Garage verstaut, um Wasser. Wir kommen ins Gespraech und Herve bietet mir spontan und umsonst sein Winterchalet zur Uebernachtung an ! Toll !

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Am naechsten Tag aendere ich dann meinen Plan, lasse zwei kleinere Paesse rechts liegen und fahre schnurstracks Richtung Annecy und an die schweizerische Grenze unweit von Genf. Mein Freund Jan verreist in zwei Tagen und ich moechte ihn noch sehen. Unterwegs faehrt er mir entgegen und begleitet mich zu seinem neuen Wohnort in Frankreich. Mit seiner gleichnamigen Frau hat er mich bei der Abreise vor zwei Jahren waehrend einiger Tage begleitet. Die Schweiz ist nun in Sichtweite !

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Allez Richard !

Rufen mir Jan und Jan beim Abschied zu! Einen Bergpreis werde ich zwar nicht gewinnen, dennoch bin ich noch voller Eindrücke der zehn Radeltage durch wunderbare Gegenden Frankreichs zusammen mit Jan und Jan, die leider zu Ende sind. Seit dem 10. September bin ich wieder alleine unterwegs. Die Berge und Hügel der Rhônes-Alpes und der Provence liegen hinter mir.

Wir entscheiden uns für den Col de la Croix de Fer, 2067 Meter hoch. Mit einer Durschnittsgeschwindigkeit um die 8 km/h fahren wir langsam aber beständig rauf. Unterwegs machen wir eine Kaffeepause, lehnen dankend den Kräuterschnaps Génepi ab. Wir werden gewarnt, dass am Nachmittag heftige Gewitter aufziehen sollen. Im Skiort St. Sorlin-d’Arves wird es nochmals richtig steil, danach fangen die Serpentinen an. Und auch ein leichter Nieselregen fängt an, unangenehm zu werden. Er wird stärker , noch 3, dann 2 Kilometer bis zur Passhöhe. Ich wäge ab: es lohnt sich nicht mehr die Regenjacke hervorzuklauben, ich bin eh schon nass. Zum Glück ist es nicht allzu kalt. Also rauf im Regen und auf der Passhoehe  in das Restaurant rein.

Jan ist bereits im Trockenen. Zum Glück ist es nicht sehr kalt und zu unserer Erleichterung lässt der Regen nach einer wohlverdienten Tasse Kaffe nach. Nebelschwaden ziehen an uns vorbei. Ab und zu bricht ein Sonnenstrahl durch und lässt magische Lichtstimmungen entstehen.

Nach dem Col de la Croix de Fer gönnen wir uns einen Ruhetag. Ganz untypisch in einem alten Wohnwagen, der auf einem Campingplatz steht. Jan mit seinen rund 1.90 Metern fühlt sich darin nicht so richtig wohl. Es soll aber regnen und den ganzen Tag warten wir darauf, dass es anfängt. Erst in der Nacht kommt dann der Regen. Macht nichts. Dafür können wir in der Sonne unsere Velos unterhalten.

Die Alpe d’Huez lassen wir aus. Vielleicht besser so. In der Zeitung lesen wir, dass ein Norweger auf der Abfahrt (mit dem Rennvelo wohlverstanden) unglücklich ausrutscht, unter ein entgegenkommendes Fahrzeug gerät und sich schwer verletzt. Die Alpe d’Huez ist, klärt mich Jan auf, „de nederlandse berg“. Tatsächlich haben, was die Etappensiege bei diesem Berg erster Kategorie angeht, die Niederländer die Nase vorn. Ein niederländischer Pfarrer soll zudem die Kirche im Dorf eingeweiht haben (oder so ähnlich…). Jeder zweite Niederländer weiss, wie viele Spitzkehren die Bergstrasse hat. Jedenfalls wimmelt es nur so von Niederländern. Nebenan vom Campingplatz wird sogar ein Hotel-Restaurant auf niederländisch geführt. Am Vortag wollen wir dort essen, die Serviertochter antwortet uns in gebrochenem Französisch: „je demander d’abord au coq !“. Aha ! Der Hahn ist aber schon zu Bett gegangen und will nicht mehr krähen bzw. kochen. Also zurück in das Wohnmobil aus der Epoche von Louis de Funès. Zwiebel, Rübli, Tomatenmark und Spaghetti ergeben ratz-fatz ein nahrhaftes Menü.

Frankreich hat so seine Eigenheiten. Eine davon scheint zu sein, dass die Franzosen fast durchwegs zuhause nur Filterkaffee trinken. Jan hat seine liebe Mühe, trotz riesiger Auswahl entsprechend gemahlenen Kaffee für seine Espresso-Maschine zu finden. Die andere Eigenheit ist, dass viele Geschäfte, insbesondere Epiceries in kleineren Ortschaften, am Mittwoch Nachmittag schliessen. Weil am Mittwoch schulfrei ist.

Die Fahrt mit Jan und Jan gestaltet sich sehr angenehm, Tempo und Tagespensum passen. Die Landschaften sind abwechslungsreich. Wir wählen, bezogen auf die Michelin-Karte, nur weisse oder gelbe Landstrassen, vorzugsweise zusätzlich grün (für landschaftlich reizvolle Strecken) gefärbt. Und solche, die durch Nationalparks führen. Etwa durch den Parc National des Ecrins. Oder den Parc Naturel Régional du Vercors. Kurvenreiche Strecken, sehr wenig Verkehr (ausser ein paar Motorradfahrer, die Jan alles andere als liebt…), tolle Landschaften.

Was eine Velotour durch Frankreich zu einem Erlebnis macht, ist sicher die Tour de France oder besser gesagt der Velosport, der den Franzosen viel bedeutet. Und was noch angenehmer ist, das gute Essen. Wir verwöhnen uns jeden Abend mit neuen Rezepten. Meistens gibt es eine Gemüsepfanne, Pasta und Käse. Und natürlich eine Flasche Wein. Unterwegs kaufen wir direkt vom Hof Ziegenkäse bzw. Tome ein. Zusammen mit einer Baguette ergibt das ein herrliches Mittagssnack.

Wir leben wie Gott in Frankreich. Einmal fragen wir Einheimische, ob wir im Garten zelten können. Zunächst noch etwas skeptisch, doch Albert und seine Ehefrau tauen sehr schnell auf, haben eine Riesenfreude an der Abwechslung der niederländisch-kanadisch-schweizerisch-italienisch-spanischen Gesellschaft. Albert bringt uns einen Campingtisch und Stühle raus. Danach trinken wir noch gemeinsam Tee. Frische Verveine aus dem Garten. Albert mag ihn gar nicht und macht keinen Hehl daraus. Albert und seine Ehefrau kennen sich seit der Schulzeit, beide sind Urgrosseltern, waren Schullehrer.

Heute sei die „rentrée“, Schulbeginn nach den Sommer-Ferien, gewesen. Das haben wir mitbekommen. In der Schlagzeile der Tageszeitung „Dauphiné Libéré“  war die Rede von  12 Millionen Kinder und Jugendliche, für die wieder der Halb-Ernst des Lebens anfängt.  Irgendwie merkt man, dass Albert und seine Frau Lehrer waren. Man hört ihnen gern zu: „prennez cette route, vous allez vous régaler; non, le prochain col n’est pas méchant !“ Ausser im Winter, wenn sie in einer Wohnung in Grenoble sind, leben sie im schönen Landhaus von Albert, das bereits 300 Jahre alt ist und wo er zur Welt kam. Unsere Gespräche werden durch das neue Haustier unterbrochen: eine chauve-souris, eine Fledermaus, flattert durch die Küche. Seit zwei Tagen sei sie hier drin. Im Zelt sollen wir keine Angst haben, höchstens ein Dachs werde sich bemerkbar machen. Dachs auf französisch: le blaireau. Blaireau und vélo: der mehrfache Tour de France Sieger Bernard Hinault kommt ins Gespräch. Am nächsten Tag gibt uns Albert noch eine Flasche Wein mit: „Pour l’amitié.“ Sie bedanken sich nochmals, dass wir sie mit unseren Reiseerzählungen für ein paar Momente in die weite Welt entführen konnten. Merci à vous !

Unzählige Cols befahren wir, kleinere und grössere. Und ganz langsam ändert sich auch die Landschaft. Plötzlich ockerfarbene Steinhäuser mit hellblauen Fensterläden. Und dann ein angenehmer provenzalischer Duft: Thymian, Rosmarin, Lavendel. Lavendelfelder so weit das Auge reicht. Obschon die Ernte bereits vorüber ist, duftet es wie in einem Kräuterladen. Es gibt anscheinend zwei Arten von Lavendel: la lavande vraie ou fine und le lavandin. Erstere ist die noblere Variante, die zweite ist die ergiebigere. Beides ergibt jährlich 1’000 Tonnen ätherisches Öl lavandin und 90 Tonnen Öl lavande.

Hier ein paar Links:

www.routes-lavandes.com

www.grandes-traversee-alpes.com

www.lavande-provence-aoc.com

Le „géant de la Provence“, dieser eigenartige Berg, windumtost, steinig und kahl, ohne jegliche Vegetation am Gipfel. Le Mont Ventoux. Noch so ein legendärer Berg der Tour de France. Wer hält den Rekord ? Marco Pantani ? Tragisch die Etappe 1967, an der kurz vor dem Gipfel Thom Simpson an einer Herzattacke starb. Hitze, Anstrengung, Müdigkeit und – angeblich Doping – waren zuviel des Guten.

Unglaublich wie beliebt dieser Berg bei Velofahrern ist. Es ist Freitag und es wimmelt nur so von Velofahrern. Von ganz verbissenen mit aalglatt rasierten und braungebräunten, sehnigen Beinen bis hin zu bierbäuchigen Gestalten mit hochrotem Kopf auf City-Bikes, die ihr Gerät mehr stossen als fahren. Was für uns nicht in Frage kommt. Jan fährt zur Hochform auf und erniedrigt einige Rennvelofahrer, indem er sie mit vollbeladenem Fahrrad überholt. Ich fröne meiner Leidenschaft, dem Fotografieren, und büsse dies nach jedem Fotohalt mit brennenden Beinen. Allez Richard ! Nach dem Mont Ventoux campen wir nochmals zusammen, in Malaucène verabschieden wir uns dann. Danke Jan und Jan für die tollen gemeinsamen Tage ! Das war ein unvergesslicher Start für mein bevorstehendes Abenteuer !