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Ein heisser Start

Bezogen auf die Temperaturen. Sicher eine gute Einstimmung auf den heissen Kontinent. Aber schweisstreibend und anstrengend. Und wie vor über fünf Jahren, als ich mit dem Velo nach Tibet aufbrach, wurde mir auf dem Anstieg von Rothenfluh nach Anwil bange. “Mamma mia, wie will ich das bloss schaffen ?” Das Gepäck fühlt sich tonnenschwer an. Die Hitze, auf welche die Schweiz seit längerem gewartet hat, ist erbarmungslos. Am liebsten würde ich bloss mit einer Unterhose reisen.

Die letzten Wochen waren mit Wohnungsauflösung, letzten Vorbereitungen, Abschieds-Grillfest und Abschied nehmen intensiv. Zum Glück reichte es wenige Tage vor der Abfahrt doch noch zu einer “gemütlichen” Ausfahrt mit dem Rennvelo zusammen mit Andy. Ueber  1’000 Höhenmeter trieb er mich durch das Baselbiet und am Schluss gab es noch Hochprozentiges: der 20 % Anstieg von Eptingen nach Läufelfingen. Danke, Andy !

Mélanie, die mich bis nach Lausanne begleitet, ist nicht traurig darüber, dass wir die erste Woche gemütlich angehen. Trotzdem wird es fast 11 Uhr, als wir am Montag, dem 22.8.2011 von einem engen Kreis von Freunden und meiner Mutter vor dem Brunnen auf dem Zeughausplatz starten. Nach über 1’000 Höhenmetern und etwa 8 Litern Wasserverbrauch pro Kopf kommen Mélanie und ich endlich in Zürich an. Gabriela, die Freundin von Beat, empfängt uns sehr herzlich und bereitet uns ein feines Znacht vor. Beat habe ich in Kashgar während meiner Tibet-Reise kennengelernt. Als einziger Radler von all denen, die sich im Chini Bagh Hotel eingefunden hatten, fuhr er nicht nach Tibet sondern nach Pakistan über den Karakorum Highway ( Hier geht es zu seiner Seite). Vor wenigen Tagen ist er in die Staaten gereist, um sich auf den Iron-Man Hawaii vorzubereiten. Beat, Dir viel Erfolg und vielen Dank für die tolle Gastfreundschaft an Dich, liebe Gabriela !

In Zürich bereitet Helvetas mir einen warmen und herzlichen Empfang vor. Helvetas Geschäftsführer Melchior Lengsfeld und Stadtrat Daniel Leupi halten eine kurze und bewegende Rede. Daniel Leupi eskortiert mich sodann bis zum Central-Platz. Hier geht es zum Newsletter von Helvetas.

Nun, die heissen Sommertemperaturen geben danach die Route vor. Wir lassen vom Vorhaben ab, noch einige Alpenpässe einzubauen. Was sich als vernünftig herausstellt, denn ich will es nach meinem Unfall vor drei Monaten ohnehin langsam angehen. Alles zu seiner Zeit. Zunächst also in die Kühle des Sihlwaldes, wo die erste Camping-Übernachtung ansteht. Und gleich die Feuertaufe für mein neues Zelt, denn abends beim wohlverdienten Bier fängt es heftig an zu gewittern. Danach suchen wir stets die Nähe von Seen auf, um im Bedarfsfall eine Abkühlung zu nehmen.

Gelegenheit, um auf mein Vorhaben und mein Spendenprojekt mit Helvetas aufmerksam zu machen, gibt es ebenfalls. In Zug an einem Kiosk am Strand lacht mich beispielsweise ein rotes Portemonnaie auf einer Sitzbank an. Jemand hat es ganz offensichtlich liegengelassen. Mit Hilfe eines Passanten und dessen Iphone finden wir rasch die Telefonnummer heraus. Die gute Frau weiss zu jenem Zeitpunkt noch gar nicht, dass ihr die Brieftasche abhanden gekommen ist. Als Finderlohn bedinge ich mir nicht etwa eine Zuger Kirschtorte per express nach Ougadougo – zu gegebener Zeit – heraus, sondern “Tilgung durch Leistung an einen Dritten”, sprich durch eine Spende an Helvetas. Besten Dank, Frau S. !

Dass Wasser lebenswichtig ist aber auch seine Tücken haben kann, finden wir am Thunersee heraus. Kurz vor Spiez halte ich es nicht mehr aus. Kurzerhand parke ich mein Velo auf dem Rasen, klettere zwei Meter die grossen Steine runter und springe nackt in den See. Mélanie will mich abfotografieren. Ihren Drahtesel hat sie dabei etwas zu nahe am Rand des Rasens geparkt, der Ständer versinkt im weichen Boden und das ganze Velo mitsamt Packtaschen dreht sich auf die Seeseite und fällt ins kühle Nass. Im Adamskostüm versuche ich zu verhindern, dass das Velo ganz ins Wasser fällt und schreie, da Mélanie ohnehin die Kamera in der Hand hält: “Schiess ein Bild, mach schon !” “Nein, nein, retten wir zuerst das Velo !”.

Von Spiez geht es weiter Richtung Simmental und Diemtig, dort wo der Schwingerkönig Kilian Wenger beheimatet ist. Endlich dann ein erstes Höhentraining. Der Jaunpass mit rund 1’500 Metern steht uns bevor. Das Wetter hat umgeschlagen, oben auf dem Pass ist es 11 Grad kalt. Anstatt einer erfrischenden Glace gibt es deshalb eine heisse Gulasch-Suppe. Von Bulle bis nach Lausanne stehen wieder einige Höhenmeter an. Doch das Training der letzten Tage macht sich langsam bemerkbar und trotz etwas Müdigkeit kommen wir bei Sonnenschein in Lausanne an. Hier können wir bei Marc-Olivier, einem Freund von Vincent, übernachten. Nach der wohlverdienten Dusche improvisieren wir einen Teller Pasta.