Mosambik

Safari Njema

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In Mosambik leide ich noch unter der Hitze. Doch sobald ich tansanischen Boden betrete, hält die Regenzeit Einzug. Die Strasse bis Tansania ist nach Pemba zunächst noch asphaltiert, verwandelt sich danach aber zu einer sandigen Piste. Doch dank der grossen Erdöl- und Erdgasvorkommen sind  Arbeiten im Gange, um die Strasse von Palma nach Pemba zu asphaltieren. Eigennutz der Ölmultis dürfte hier eine Rolle spielen.  Die Dörfer am Wegesrand haben immer noch keinen Strom und es ist fraglich, inwiefern die Menschen von diesem Boom profitieren werden.

 

Als ich in Palma ankomme, bin ich sauer. Wohl kein guter Tag. Der Versuch, mit Einheimischen Windschatten zu fahren, scheitert. Wie immer. Jedesmal  geben sie mächtig Gas, um es dem Weissen mit seinem überlegenen Material zu zeigen. Und jedesmal biegen sie nach wenigen Minuten in eine Nebenpiste ab, die Kette springt raus oder ein anderer sonstiger Defekt legt sie lahm. Dieses mal aber fahren mir zwei Typen lange Zeit davon, lassen mich partout nicht ran.

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In Palma habe ich das Gefühl, dass mich alle wie eine Weihnachtsgans ausnehmen wollen. Ich bin es müde, um Lappalien feilschen zu müssen, lange zu diskutieren. Ein Kilo Zwiebeln kosten 50 Meticais. Und zwei kleine Zwiebeln ? 25 Meticais ! Sapperlot. Er solle mir bitte ein halbes Kilo Zwiebeln abwägen. Fein, das sind beinahe zehn Stück. Nein, ich will nicht ein halbes Kilo, nur zwei Zwiebeln. Wieviel kosten nochmals zwei Stück ? 25 Meticais !

Aber Afrika wäre nicht Afrika, wenn nicht auf die Peitsche Zucker und Brot folgen. In Palma treffe ich zwei Motorradfahrer aus Südafrika, Bossie und sein Sohn Quinten. Nette Gesellschaft, ein unterhaltsamer Abend. Genau das, was ich brauche. Wir zelten zusammen vor einer Pension, plaudern, während mir eine portugiesische Dame aus Braga (praktisch einen Steinwurf von meiner galicischen Wurzel entfernt) die Calamari säubert, die ich dann später unter die Spaghetti mische.

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Unterhaltsam muss dann für beide Südafrikaner auch der Grenzübertritt nach Tansania gewesen sein. Es gibt keine Brücke, nur einen Fluss mit niedrigem Wasserstand, wo man mit einem einfachen Holzboot rübersetzen kann. Mit dem Velo kein Problem. Kostet mich 300 Meticais, umgerechnet 10 Euro. Aber mit zwei schweren Motorrädern ? Alles ist möglich in Afrika. Gegen eine Kleinigkeit von 160 US-Dollar. Eine ganze Fussballmannschaft hievt die schweren Räder in das Boot rein und läuft dann rüber. Dreieinhalb Stunden dauert das Spektakel, das ich leider verpasse, weil ich ja zunächst bis zur Grenze radeln muss. Am tansanischen Zoll aber hole ich die beiden dann ein.

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Karibu! Willkommen in Tansania. Übrigens eine Wortschöpfung aus Tanganjika und Sansibar. 1964 verband sich die ehemalige britische Kolonie Tanganjika mit Sansibar. Im Südosten leben noch vorwiegend die matriarchialisch strukturierten Makonde. Die Frauen tragen wie überall in Afrika bunte Röcke, häufig nun aber auch farbige Kopftücher. Ich entdecke die ersten Masai-Hirten am Wegesrand. Ab und zu sogar Frauen in einer Burka. Die Vollverschleierung wirkt hier im heissen, bunten Schwarzafrika, wo die Leute gerne lachen und scherzen, wie die Faust aufs Auge.

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Einmal in Tansania angekommen, lassen die Regenschauer nicht lange auf sich warten. Oftmals fahre ich mangels Unterstand einfach im Regen weiter, bin pflotschnass, bis die Sonne wieder rauskommt und den Boden dampfen lässt. Als ich von Lindi starte, öffnet der Himmel seine Pforten. Die schliessen sich aber nicht nach einer halben Stunde, wie sonst üblich. Den ganzen Tag regnet es Bindfäden. Immer wieder suche ich Unterschlupf unter Vordächern von einfachen Lehmhütten, komme nicht voran. Ringsherum bilden sich Bäche, Rinnsale, stehendes Wasser. Nach 30 Kilometern muss ich in Michinga bereits Halt machen. Dort gibt es zum Glück ein einziges Guesthouse. Zwar etwas schäbig, aber mit Strom und immer noch besser als in einer Pfütze das Zelt aufzustellen.

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Hier in Tansania muss ich übrigens nicht um Zimmerpreise feilschen. Zwar ist der Standard oft sehr einfach, meist ohne Ventilator. Wenn man Pech hat, läuft in einer Bude gegenüber die ganze Nacht laute Musik. Momente, in denen man sich nach einen Stromunterbruch sehnt. Doch die Preise sind unschlagbar: die billigsten Zimmer gibt es schon ab 4‘000 Schilling, rund CHF 2.50.  In der Regel finde ich für 5-10‘000 tansanische Schilling ein akzeptables Zimmer. In Dar es Salaam sieht es dann mit den Preisen freilich anders aus, dafür ist der Standard gehoben. Kein Vergleich zu den oftmals überteuerten Bruchbuden vielerorts in West- und Zentralafrika.

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Von wenigen Ausnahmen abgesehen, spricht im  Südosten von Tansania, niemand Englisch, das keine Amtsprache ist. Gemäss offizieller Sprachpolitik ist Englisch für die Universitäten, die  höheren Gerichte und den Bereich der  Technologie vorgesehen, verliert aber zusehends an Bedeutung im gesellschaftlichen Leben. Es herrscht Swahili vor, Nationalsprache von Tansania und Kenia, eine der am weitesten verbreiteten Sprachen in Afrika, gesprochen von rund 50 Millionen Menschen. Ich kann mich nicht davor drücken, mir möglichst rasch einen Grundwortschatz zuzulegen. Jeden Tag geht es dann schon viel besser. Begrüssungsfloskeln, Zählen, Einkaufen und  Verhandeln sind mittlerweile kein Problem mehr.

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Unterwegs halten mich nebst Regenschauer auch einige Platten auf. Eine willkommene Abwechslung und ein Schauspiel für die Dorfbewohner, dem „Mzungu“ zuzuschauen, wie er den Schlauch vom Rad demontiert. Es wird jeweils laut gelacht, wenn ich den Schlauch danach wieder aufpumpe und nicht nach afrikanischer Art in einen Kübel voll Wasser halte. Irgendein Dorftrottel beziehungsweise ein alkoholisierter Genosse sorgt dann garantiert für zusätzliches Amüsement der Dorfgemeinschaft, zieht seine Faxen, löchert mich mit Fragen, obschon ich ihn nicht verstehe. Über fahrradtechnische Probleme kann ich mich übrigens bis anhin nicht gross beklagen. Zweimal musste ich den Gepäckträger schweissen lassen.  20‘000 Kilometer fordern aber ihren Tribut. Das Tretlager fängt nun an zu lottern und muss ersetzt werden. Zum Glück erhalte ich hier in Tansania Besuch und Ersatzmaterial aus der Schweiz.

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Die Strasse von Mtwara kurz nach der Grenze zu Mosambik bis nach Dar es Salaam ist übrigens praktisch durchgehend asphaltiert. Nach der Michelin-Karte, keine vier Jahre alt, müsste es sich um eine während der Regenzeit unbefahrbare Erdpiste handeln. Entweder können die Kartenhersteller nicht mit dem Strassenbau in Afrika Schritt halten oder sie ruhen sich auf ihren Lorbeeren aus.

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Auf halbem Weg zwischen der Grenze zu Mosambik und Dar es Salaam gönne ich mir einen Ruhetag in Kilva Kivinje, unweit vom historisch bedeutenden Kilva Kisivani. Kivinje ist anfangs des 19. Jahrhunderts von omanischen Arabern gegründet worden, später wurde es zu einem Zentrum  für den regionalen Sklavenhandel und zu einem  deutschen Verwaltungsort. Ein Monument, mit Unrat verziert, zeugt noch von der Kolonialzeit. Die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft hat es im Andenken an zweier ihrer Beamten, die „am 24. September 1988 in der Verteidigung ihres Hauses gegen den Aufruhr den Heldentod fanden“, errichtet.

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Der Ort strahlt einen morbiden Charme aus. Alte Häuser mit dicken moosbewachsenen Mauern sind am zerfallen, stehen kaum noch. Die Boma, ein grosses Handelshaus am kleinen Hafen, trotzt dem Zahn der Zeit, während sich viele Jugendliche mit Kiffen die Zeit vertreiben. Ich komme in einem alten deutschen Handelshaus unter mit einem wunderbaren Ausblick auf den kleinen Hafen. Am Nachmittag ist Flut, die Boote zu den umliegenden Inseln wie Songa Songa oder Mafia nehmen ihre Fahrt auf. Strassenhändler verkaufen leckere kleine frittierte Tintenfische. Der Unterschied zwischen Ebbe und Flut hier am indischen Ozean ist eindrücklich. Der Wasserpegel wechselt um mehrere Meter. Touristen sehe ich hier keine. Nationalparks, teure Lodges und der Kilimanjaro sind weit weg. Unbemerkt kann man sich hier als Weisser nicht bewegen. Die Leute sind aber freundlich, zuvorkommend, vor allem wenn man sich um ein paar Brocken Swahili bemüht.  Abends sitze ich mit Jugendlichen zusammen, rede stundenlang über die Unterschiede zwischen Europa und Afrika.

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Gewisse Vorurteile in Bezug auf Afrika halten sich ja hartnäckig. So soll das Essen nicht überragend sein. Zumindest in Bezug auf Früchte ist die vorgefasste Meinung aber Käse. Das Angebot ist zur Zeit einfach grossartig: die Mangosaison ist in vollem Gange. Die ganz grossen Exemplare gibt es für rund 20 bis 30 Rappen. Bananen, inklusive Frittierbananaen sind allgegenwärtig. Es gesellen sich Jack-Fruits , die ich hartnäckig verschmähe, zuckersüsse Ananas und zum Ausgleich herrlich leicht säuerliche Passionsfrüchte. Für das Bounty-Feeling sorgen Kokosnüsse, zum Essen oder zum Trinken. Nicht zu vergessen die Papayas und sogar Wassermelonen gibt es zur Erfrischung. Und wer es bissfest mag, schnappt sich eine Tüte von Cashew-Nüssen. Der Anblick eines Apfels in Dar es Salaam mutet dann schon sehr exotisch an.

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Auf das Händewaschen legen die Tansanier grossen Wert. Bei der kleinsten Garküche steht ein Kübel, oft sogar mit heissem Wasser, und Seife parat. Morgens gibt es überall leckere Chapatis, Pfannkuchen, gekochte Eier, frische heisse Milch, frittiertes Gebäck. Mittags Reis oder Ugali, ein Maisbrei, mit Bohneneintopf, Tomatensuppe. Auch wird zu meiner Freude überall gewürzter, leicht scharfer Tee getrunken. Bei einem heissen Tee lässt sich ein Regenschauer am besten absitzen. Wer es eilig hat, giesst den Tee nach und nach auf die Untertasse und trinkt ihn laut schlürfend. Diese Sitte habe ich bereits im Iran beobachtet; dort wird freilich ein Stück Zucker zwischen die Zähne geschoben, bevor der Tee getrunken wird.

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Keine Frage: die Ritter der Strasse sind für mich die Velofahrer, die über 100 Kilogramm schwere Säcke mit Holzkohle oder riesige Körbe voller Mangos transportieren. Beim geringsten Gefälle steigen sie ab und schieben ihr Eingang-Stahlross indischer oder chinesischer Herkunft von hinten. Der Lenker wird durch Gummibänder gerade gehalten. Die Schweissperlen laufen in diesem tropischen Klima nur so runter. Beim Anblick dieser Männer komme ich mir meiner Kettenschaltung und meinen Packtaschen wie auf einem Rennrad vor.

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Dar es Salaam ist erreicht ! Ich habe mir angewöhnt, wenn möglich weniger als 50 Kilometer vor einer Grosstadt zu übernachten, um nächstentags ausreichend Zeit zu haben, um ausgeruht in das Verkehrschaos einzutauchen und zur Mittagszeit bereits eine Unterkunft auf Nummer Sicher zu haben. Es bedeutet aber jedesmal Stress, die volle Aufmerksamkeit ist gefragt. Busfahrer nehmen hier keine Rücksicht. Aber es geht gut, ich finde rasch das Zentrum und eine relativ günstige Bleibe. In Dar es Salaam ist der indisch-arabische Einfluss und die Swahili-Kultur stark spürbar. Eine grosse Zahl von indischstaemmigen Menschen lebt hier. Die Stadt ist am Wachsen, viele moderne Hochhäuser werden errichtet, ein breites Angebot an Supermärkten, Banken. Sicher nicht die unangenehmste Stadt in Afrika. Das Velo lagere ich für ein paar Tage ein, Weihnachten in Zanzibar sind angesagt ! Ich wünsche allen besinnliche und zufriedene Festtage. Bis bald, euer Maurizio.

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Magisches Mosambik

Mittlerweile bin ich in Pemba, 2‘370 Kilometer von Maputo entfernt, angekommen. 1‘200 Kilometer bin ich in zwei Wochen geradelt, den Rest habe ich mit dem Bus absolviert, um meinen Zeitplan einzuhalten. Die Distanzen hier in Mosambik sind enorm. Doch zurück nach Maputo. Der Chauffeur von Helvetas bringt zunächst Pierluigi, den Direktor von Helvetas Mosambik an den Flughafen, und mich anschliessend aus der Stadt. Es gibt nur eine geteerte Strasse zum Norden, die N1, die aber innerhalb des Landes verläuft, 20 bis 40 Kilometer von der Küste entfernt. Die Stichstrassen zur Küste sind grösstenteils Sandpisten, unpassierbar mit dem Velo. Bis in das 500 Kilometer entfernte Inhambane eröffnet sich der Blick auf den Indischen Ozean gerade nur einmal, nämlich in Quissico.

Mosambik empfiehlt sich als Reiseland, aber nicht notwendig mit dem Stahlross. Zugegeben versprach ich mir – abgesehen vom Projektbesuch von Helvetas – nicht allzu viel von diesem Land. Doch nach einem Monat und vielen spannenden Begegnungen bin ich mittlerweile sehr angetan von diesem Land, das bis vor 20 Jahren noch in einem Bürgerkrieg steckte und erst 1975 von Portugal unabhängig geworden ist.

Immerhin verläuft die flache N1 durch das breite Küstentiefland. Will heissen es ist flach. Aber nicht windstill. Die Brise ist grundsätzlich ganz angenehm, wenn es heiss ist. Das Klima ist tropisch mit sehr schwülen Nächten. Morgengrauen ist bereits um 4.30 Uhr, sodass ich sehr früh starten muss, um möglichst vor Mittag einen Platz im Schatten zu finden. Die Sehenswürdigkeiten Mosambiks sind weit gestreut. In den ersten Tagen auf der N1 ist es noch nicht so heiss, dafür habe ich mit Gegenwind zu kämpfen. Buschbrände sind auch hier an der Tagesordnung. Im Süden herrschen riesige Palmenwälder vor. Im Norden dann Savanne und Busch mit Trockenwäldern. Es finden sich hier sehr eindrückliche Exemplare von Baobabs. Cashew-Nuss-Bäume und Mangos sind allgegenwärtig.

Unterwegs schlafe ich in Dörfern, in Polizeistationen und in den touristischen Orten in Backpackers bzw. bei Couchsurfern. Vor allem wenn man bei Leuten draussen im Zelt schläft – zum Glück weht nachts stets eine leiche Brise – kann man eine für wohl ganz Schwarzafrika beliebte Tätigkeit erfahren. Frauen lieben es hier, bei Morgengrauen, manchmal schon vorher, laut die Aufenthaltsplätze zu wischen und viel Staub aufzuwirbeln. Pfischhhh, pfisschhh. Einiges angenehmer als motorsägenlaute Laubbläser,begleitet von Strassenwischmaschinen, die täglich um 7 Uhr morgens durch die Altstadt von Liestal donnern.

Einen ersten Ruhetag lege ich in Inhambane ein, keine 20 Kilometer von der touristischen Playa de Tofo entfernt.  Die beschauliche Stadt mit einem Mix aus Kolonialarchitektur, arabischen, indischen und afrikanischen Einflüssen liegt auf einer Halbinsel, in sicherer Distanz zur geschäftigen N1. Mit einem Boot setze ich nach Maxixe über, wo ich wieder auf der N1 bin und meine Fahrt nach Vilankulo aufnehmen kann.

Vilankulo ist beliebter Stopp für Overlander und für Reisende, die sich auf den Süden von Mosambik beschränken. In Griffnähe liegt das Archipel von Bazaruto, ein Juwel Mosambiks: türkisfarbenes Meer, weisse Sandstrände, Palmen, Korallen, Tauch- und Schnorchelparadiese mit einer überbordenden Fauna. Ich komme in einem Backpacker unter, wo auch Andrew aus Melbourne kurz zuvor eingetroffen ist. Am nächsten Tag erkundigen wir uns. Wir wollen einen Schnorcheltrip buchen. Entweder auf Bazaruto oder Magaruque. Als wir am Strand entlanglaufen, winken uns Leute auf einem Boot zu. Fünf Minuten später sind wir Opfer eines Kidnappings, inmitten einer Geburtstagsgesellschaft, Bierflasche in der Hand.  Zumeist Leute aus der Tourismusbranche, Hotelbesitzer, die meisten aus Portugal, Zimbabwe, Südafrika. Wenig später legt das Boot in Dead Island an. Eine Sandbank, die nur bei Ebbe sicht- und begehbar ist. Den ganzen Tag verbringen wir dann auf der Insel Benguera, veranstalten einen Braai (Barbeque), kaufen unterwegs von Fischern lobster ein. Drei grosse Kühlboxen mit Getränken sorgen für Erfrischung. Einige versuchen sich im Kitesurfing. Geburtstagskind Tessa lädt Andrew und mich später nochmals zu herrlichen Lulas (Calamares) ein.

Von Vilankulos nehme ich den Bus nach Inchope und Nampula, wo ich abends ankomme. Bei Busfahrten kommt man in den Genuss einer anderen afrikanischen Eigenheit: 11 Stunden wird in ohrenbetäubender Lautstärke Musik abgespielt, die bei meinen Protesten für kurze Zeit zum Level ” sehr laut” gesenkt wird. Nampula mag ich nicht sehr. Hotelzimmer sind überteuert. Ich treffe hier am nächsten Tag Faizal, einen jungen Reporter und Gründer einer Online-Zeitschrift “O Nacalense”, der mir durch Marco, einem schweizer Journalisten, vermittelt worden ist.  Im Gelände der Radiostation Encontros kann ich mein Zelt aufschlagen, nachdem Faizal mich interviewt hat. Faizal lädt mich zu sich nach Hause ein. An einem Tisch unter dem grossen Mangobaum warten wir, bis seine Frau den Frango, das Hühnchen, zubereitet hat. Faizal ist Régulo, sozusagen Dorfchef des Quartiers, und beauftragt einen Nachbar, Getränke zu holen. Ich nutze die Gelegenheit, gebe dem Typen 100 Meticais, um mir eine grosse, kühle Flasche Wasser zu bringen. Zwei Stunden später, als wir schon lange mit dem Essen fertig sind, kommt dann endlich der Schlaumeier schlurfend daher. Das Wasser ist warm, dafür hat er nur 40 Meticais Wechselgeld. Er muss sich wohl für sehr klug halten oder mich für sehr dumm. Jedenfalls meint er, die 1,5 Liter Flasche habe 60 gekostet (sie kostet normalerweise 30 bis 40), weil ja eine Halbliterflasche 20 Meticais kostet. Es entsteht eine lauthalse Diskussion und Auseinandersetzung zwischen ihm und Faizal.

Der Norden ist augenfällig ärmer, weniger entwickelter als der Süden. Dies zeigt sich an der Verfügbarkeit einer gekühlten Flasche Cola. Im Süden war die noch leicht zu erhalten. Jetzt wird es immer schwieriger. Nur grössere Siedlungen und Städte verfügen über Strom. Das Essen unterwegs auf der N1 ist eher enttäuschend. Keine Strassenstände, wie sie in Westafrika zu finden sind. Verhungern muss ich aber nicht. Immerhin gibt es Brötchen und frittierte Küchlein aus Bohnenpaste. Daneben natürlich Mangos, spottbillige Cashew-Nüsse, Kokosnüsse, Papayas und Bananen. Und in Küstennähe dann wieder Fisch.

Übrigens rate ich jedem Mosambikreisenden an, eine Postkarte zu verschicken. Nachdem ich beim Postamt eine Postkarte erstanden habe, diese platzfüllend beschrieben habe und zum Kauf der „entsprechenden“ Briefmarke für Südafrika übergehen möchte, staune ich nicht schlecht, als mir sechs grosse Briefmarken überreicht werden. Wollte man sie tatsächlich aufkleben, wäre nur noch kanpp die Adresse lesbar.

In der Ilha de Moçambique komme ich bei der Couchsurferin Cristina aus Barcelon unter. Sie ist lange in Afrika umhergereist und hat viele Monate in Äthiopien gelebt. Nun hat sie eine kleine NGO “Africa sin fronteras” zusammen mit ihrer Mutter Maya gegründet, die sich ebenfalls auf der Ilha de Moçambique niedergelassen hat und daran ist, ein Haus zu einem Restaurant zu renovieren.

Die Ilha ist das einzige UNESCO geschützte Weltkulturerbe in Mosambik und eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten des Landes. Die Insel ist nur 3 km lang. Der Stadtteil Makuti Town, benannt nach den Strohdächern, liegt praktisch unter Meer. Denn die Steine wurden hier abgebaut, um im nördlichen Teil Stone Town die Kolonialgebäude zu errichten. Die Ilha war bereits vor Ankunft von Vasco da Gama im Jahre 1498 ein bedeutender Handelsort mit Kontakten zu Madagaskar, Persien und Arabien. Die Insel war bis zum Ende des 19. Jahrhunderts Hauptstadt von Portugiesisch-Ostafrika, bis sie durch Lorenço Marques (heute Maputo) abgelöst wurde. Auch hier ist ein interessanter Mix aus Kulturen zu finden. Moscheen, Hindu-Tempel und Kirchen sind einen Steinwurf voneinander entfernt.

Maya kocht gerne, will demnächst ein Restaurant auf der Ilha gründen. Sie lädt Freunde zu einem spanischen Abend mit einer tollen Paella ein. Auch Miguel aus Galizien ist dabei. Miguel bezeichnet sich als moderner Nomade. Mit 18 Jahren ist er losgezogen, um die weite Welt zu erkunden. Seit 22 Jahren ist er nun schon mit dem Rucksack unterwegs, wobei er jeweils für längere Zeit vor Ort arbeitet. Entsprechend viele Anekdoten kann er zum Besten geben.

Unterwegs werde ich Zeuge von Initationstänzen und Bummelzügen von jungen Männern. Mit meiner Mischung aus Italienisch-Spanisch mit einigen Wörtern Portugiesisch kann ich mich eingermassen verständigen. Das Wort “precisar” gefällt mir dabei mit Abstand am Besten. “Preciso agua”: ich brauche Wasser.  Viele Leute in den ländlichen Gebieten sind des Portugiesisch nicht mächtig, sprechen nur die lokalen Sprachen, wie etwa Makua.

Die Landschaft wird nach der Ilha etwas abwechslungsreicher, sanfte Steigungen und Zuckerhüte setzen Akzente in der trockenen Savannen-Landschaft. Die Gegend wird nicht von Touristen aufgesucht. Wie sonst nirgends in Afrika, werde ich beim Genuss eines gekühlten Getränkes von einer riesigen Schar von Menschen umzingelt. Beim Marktbesuch laufen dann etwa hundert  (!) Schaulustige hinter mir her. Richtig unheimlich. Die Leute sind aber freundlich, bloss sehr neugierig.

Im Ort Metoro zelte ich bei der Polizeistation. Der Zufall will es, dass der Niederländer Johann mit seinem Mitsubishi-Bus dieselbe Idee hat und ebenfalls am nächsten Tag die Stichstrasse nach Pemba fahren will. Johann ist seit über einem Jahr unterwegs. In Pemba werde ich von Karin, Regionalkoordinatorin und Barbara (Konsulentin) von Helvetas toll empfangen und in einem Beachhouse am Wimbi-Strand einquartiert. Ich kann hier die gesammelten Spenden symbolisch überbringen. Herzlichen Dank an alle, die mich unterstützt haben. Ich nutze die Gelegenheit, um einige von Helvetas unterstütze Kulturprojekte zu besuchen.  Ich werde noch darueber berichten.

Pemba liegt an einer grossen Bucht und soll in Zukunft dank grosser Erdölvorkommen bedeutender werden. Es herrscht zur Zeit Goldgräberstimmung. Ölgesellschaften aus aller Welt reissen sich Bohrrechte unter den Nagel. In einigen Jahren wird sich Pemba ändern.


Wiedersehen macht Freude

Durban, so heisst es, habe das beste Klima in Südafrika. Von dem habe ich leider nicht viel gespürt. In den Tagen, die ich dort bei Les verbracht habe, hat es meistens geregnet. Wir schauen uns Zulu-Tänze an und das Ushaka Aquariam , das an einem an einem bewölkten Samstagnachmittag rege besucht wird. Es ist eindrücklich, überdimensionierte Fische, Haie und Quallen hinter Glas zu bestaunen.

Abends im stroemenden Regen erhaelt die Rugby-Mannschaft aus Durban, die Sharks, dann eine kalte Dusche. Als Topfavorit gehandelt, wird sie im Final geschlagen. Les hat ein Interview bei einer Lokalzeitung, einer Art 20 Minuten, organisiert, wo ich es sogar auf die Titelseite schaffe (Titelseite, Artikel). Zum Abschied laden mich Les und seine Ehefrau Barryl in den Royal Navy Club zu einem Sonntagsbuffet ein. Aufzuzählen, welche Unmengen an Fisch, Fleisch und Nachspeisen ein hungriger Radler zu verschlingen mag, sprengt den Rahmen dieses Artikels. Les fährt mich im Auto, natuerlich regnet es, einige Kilometer der Küste entlang nach Ballito.

Dort treffe wieder das englische Paar Rob und Sarah an, die ich Nigeria beim Movieset zum Nollywood-Film „Invasion 1897“ kennengelernt habe. Zusammen sind wir danach nach Calabar gereist, von dort mit der Fähre nach Limbé in Kamerun und haben anschliessend den Mount Cameroun bestiegen. Sie arbeiten nun für ein knappes Jahr im öffentlichen Spital in Stanger.  Die Führung durch das Spital, das praktisch nur von Schwarzen und Farbigen besucht wird, ist sehr aufschlussreich. AIDS ist ein grosses Problem, aber auch Messerstechereien, Verbrennungen und Schlangenbisse gehören zur Tagesordnung. Die Platzverhältnisse sind zwar etwas knapp, im Stile eines britischen Krankenhauses aus den 80-er Jahren, aber, so meinen Rob und Sarah, funktoniert das Spital doch recht gut.

Weiter geht es. Kurz vor Mtubatuba mache ich auf einer Milchfarm Halt. Leon, Inhaber des Dannybrook Inn, hat mich vor einigen Tagen in einer Rundhütte umsonst schlafen lassen und mich ermuntert, auf dem Wege nach Norden vorbeizuschauen. Ich werde durch die Milchfarm geführt, die pro Tag über 2‘000 Liter Milch produziert, werde dem Chef als einer mit einem “brain problem” vorgestellt. Vorwiegend Sauermilch wird hier hergestellt. Dankend verbringe ich eine Nacht bei ihm. Der Ausflug in den Imfolozi Game Park fällt buchstäblich ins Wasser, den ganzen Morgen stürmt und regnet es. Erst um Mittag kann ich weiterfahren, der Wind bleibt. Für einmal von hinten.

Durch das kleine Swaziland, das oft mit Switzerland verwechselt wird, rausche ich in zwei Tagen hindurch. Ich geniesse es, nach langer Zeit wieder einmal durch eine flache Landschaft mit Rückenwind zu brausen. Swaziland hat übrigens die lustigsten Münzen, die ich je gesehen habe: nicht rund, sondern blumenförmig. Die Einfahrt nach Mozambique ist unproblematisch. An der Grenze erhalte ich das Visum, muss allerdings eine Kleinigkeit von umgerechnet 68 Euro für den farbigen Kleber hinblättern. Dafür fühle ich mich sofort wohl. Unglaublich, was für Unterschiede eine Grenze jeweils ausmacht. Es wird portugiesisch gesprochen, es werden überall „castanas“, Cashew-Nüsse verkauft. In einem kleinen Shop begrüsst mich Novela herzlich, überreicht mir sofort eine Cola, Kekse, gibt mir noch eine Flasche Wasser mit auf den Weg. Geld will er dafür nicht, obschon man sein Inventar an einer Hand abzählen kann. Was für ein Empfang ! Vor Maputo, in der Stadt Boane, ist Brotzeit. Man findet Restaurants in portugiesischem Stil, leckeren „frango“, Brathähnchen. Und was für eine Überraschung: feinen Espresso-Kaffe wie in Portugal, wie man ihn selbst in den meisten Ländern Europas vergeblich sucht.

In Maputo dann gibt es ein tolles Wiedersehen mit Pierluigi und Hélène. Pierluigi aus Chianti, dannzumal Direktor von Helvetas Burkina Faso, habe ich in Ougadougou kennengelernt, wo er mich fürstlich aufgenommen hat. Mittlerweile hat er seinen Arbeitsplatz nach Mozambique gewechselt. Voilà, hier in Maputo treffe ich ihn wieder !

In Maputo suche ich die italienische Botschaft auf, da mein alter Pass keine leeren Seiten für Visas mehr aufweist. In 15 Minuten halte  ich bereits einen neuen biometrischen Pass in Händen ! Hätte ich die Gebühr in Euro entrichten können und nicht noch eine Stunde zu Fuss durch die Stadt irren müssen, um eine Wechselstube aufzusuchen, wäre die Dienstleistung hervorragend gewesen.

Maputo hiess bis zur Unabhängigkeit „Lorenço Marques“ – nach dem gleichnamigen Seefahrer aus Portugal, der 1545 die Baia de Maputo entdeckte. In den 50er und 60er Jahren, während der Apartheid-Ära, war „LM“ bei Südafrikanern auf der Suche nach gutem Meeresfisch, Stränden und Bordellen sehr beliebt. Die Stadt ist angenehm, recht sauber. In der Baixa findet sich der alte Bahnhof, ein monumentales Gebäude, entworfen von der Schule von Gustave Eiffel. Vom Meister selbst ist die „Casa de Ferro“ gezeichnet worden, die Residenz des Gouverners, ein Haus aus Stahl, aber äusserst unwohnlich in diesem tropischen Klima. In der Baixa von Maputo finden sich alte Häuser im portugisischen Stil wie auch marxistisch angehauchte Blockhäuser. Die farbigen capulanas (Sarongs) finden sich in der Casa Elefante gegenüber dem peinlich sauberen Mercado municipal. Besonders attraktiv sind die pastelerias und Kaffehäuser, eine Reminiszenz aus der Kolonialzeit.

Die Projekte von Helvetas liegen indessen in den Provinzen Cabo Delgado und Nampula im Norden von Mozambique. Ein weiter Weg von über 3‘000 Kilometern. Und ausreichend Zeit, um vielleicht noch eine Spende für das Alphabetisierungszentrum zu tätigen ? Eine kleine Handreichung, ein Zeichen der Solidaritaet, die mich und den Menschen hier in Mosambik gluecklich macht !