A Kind Of Magic

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Den letzten Reisebericht habe ich aus Dar Es Salaam veröffentlicht. Mittlerweile sind vier Wochen vergangen, wovon ich zwei Wochen „Urlaub“ gemacht habe. Meine Schwester Maria stattet mir hier in Tansania einen Besuch ab. Sie kommt von einer tollen Safari durch die berühmtesten Parks – die Serengeti, Ngorongoro-Krater und Lake Manyara. Ich fahre ihr ein Stück entgegen. Wir machen dann in den Usambara-Bergen ab, genau genommen in der Mambo Viewpoint Lodge (LINK) ab. Ein beschwerlicher Weg, denn von der Hauptstrasse muss ein Bus nach Lushoto genommen werden, von dort sind es dann nochmals 3 Stunden mit einem überfüllten Dalla-Dalla über eine gewundene Erdpiste durch den Gemüsegarten von Tansania und vorbei an einer Anzahl von kleinen verschlafenen Dörfern. Die Landschaft ist grün, üppig. Möhren, Kohl, Tomaten werden hier auf rund 1‘500 M.ü.M. angepflanzt.
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Nach über 16 Monaten unterwegs also kann ich wieder ein Familienmitglied umarmen ! Die Freude über das Wiedersehen ist gross. Die Mambo Viewpoint Eco-Lodge ist erst vor vier Jahren eröffnet worden. Die Lage ist sensationell mit atemberaubenden Blicken auf die Buschlandschaft der Mkomazi-Ebene. Die Lodge bezieht die Dorfgemeinschaft ein, versucht deren Kompetenzen zu stärken und sie zu eigenen Geschäftsaktivitäten zu animieren. Nach einem Spaziergang durch das Dorf Mambo und einem lokalen Essen in einer Mgahawa, einer einfachen Schenke, laufen wir wieder zurück hoch zur Lodge. Die Einheimischen veranstalten Tanz und Musik, doch vor Silvester sind wir schon im Bett, denn am nächsten Tag geht es um 6 Uhr früh wieder los.
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Wir fahren zurück nach Dar Es Salaam, um die Fähre auf die Insel Sansibar zu nehmen. Der Name klingt mythisch, weckt Fernweh, bürgt für Exotik. Doch die Zeiten haben sich geändert. Nicht mit einer knarrenden Segel-Dau setzen wir über. Mit einem modernen, klimatisierten Schnellboot fegen wir mit über 30 Knoten in eineinhalb Stunden auf die Insel Unguja. Wir legen in der Altstadt von Sansibar, in Stone Town an. Zum Glück bleiben die meisten der jährlich 100‘000 Touristen, wovon alleine ein Drittel italienischer Herkunft sein sollen, nicht in Stone Town, sondern sürmen die weissen, palmengesäumten Strände rings um die Insel.
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Bereits arabische Handelsleute gründen vor über 1‘000 Jahren Handelstützpunkte auf der Insel. Persische Händler aus Shiraz segeln im 8. Jahrhundert nach Ostafrika und legen sich hier nieder. Sansibar entwickelt sich in der Folge zu einem reichen Staat, der Handel mit Sklaven, Gold, Elfenbein und Gewürzen blüht. Der Handel mit dem Osten bringt dann auch die islamische Kultur und die städtebauliche Entwicklung ins Land. Im 16. Jahrhundert schauen die Portugiesen vorbei, danach die Briten und schliesslich die Omanis, welche die alleinige Herrschaft anfangs des 19. Jahrhunderts übernehmen. Der Handel mit Nelken, Sklaven und Elfenbein erstarkt derart, dass der Sultan von Oman um 1840 seinen Hof vom persischen Golf nach Sansibar verlegt.
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Es braucht nicht viel Zeit, sich vom Zauber der verwinkelten, engen Kopfsteingassen der Altstadt einnehmen zu lassen. Tagelang kann man sich hier verirren, alten Männer mit kofias (Mützen) schlürfen gerne Kaffe, spielen das Brettspiel bao, unterhalten sich. Frauen in schwarzen Gewändern tratschen, Kinder spielen Fussball. Die Stadt ist sehr muslimisch geprägt, die meisten Frauen tragen farbige Kopftücher, auch Burkas sind zu sehen. Gut verhüllt ist ein anderes Phänomen hier in Sansibar: es gibt viele Drogensüchtige. Heroin wird direkt aus Pakistan importiert. Spottbillig. Ein US-Dollar das Gramm.
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Nicht verbergen kann Sansibar den berühmtesten Sohn der Insel, Farrokh Bulsara, besser bekannt unter dem Künstlernamen Freddie Mercury. 1946 wird er auf der Insel als Sohn einer wohlhabenden parsischen Familie geboren. Als Achtjähriger muss die Familie nach Indien fliehen, später geht er nach Indien. 1991 stirbt die Ikone für Schwule an den Folgen von HIV. HIV und Homosexualität: zwei Tabuthemen hier auf Sansibar. Entsprechend umstritten ist der Sänger von Queen auf der Insel.
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Doch die Einheimischen sind, trotz einigen kopflosen Touristen, die leichtbekleidet herumlaufen oder den Bierwanst zur Schau tragen, tolerant, freundlich, heissen uns mit einem freundlichen „Karibu“ willkommen. Besonders pittoresk ist der kleine, äusserst belebte Hafen im Norden von Stone Town, wo die ankommenden Fischer belagert werden. Nebenan finden sich etwas versteckt bedeckte Garküchen, in die sich die wenigsten Touristen wagen. Aber gerade hier kommen wir schnell ins Gespräch mit Menschen. Abends versammelt sich die schick gekleidete Bevölkerung in den Forodhani-Gärten, wo es Spiesschen am Laufmeter gibt.
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Die Strassenhändler buhlen auf recht eindringliche Weise um die Touristen, drücken einem einen Pappteller in die Hand und leiern das Angebot runter: Jumbo Prawns, Shirimpsi, Octopus Mix, Lobster spice, Lobster no spice, Chicken Masala, Chicken non Masala, Ginger Beef, Tuna, Barracuda, Snaper, Solomoni Fish, Chappati, Coconoti Breadi, Garlic Breadi, Simusi Breadi, Falafel, Samosa Vegetarian, Somasa Beef, Mahendi (Cassava), Bread Fruiti, Chipsi. Eine leckere Auswahl kann dann mit einem kräftigen Schluck frisch gepressten Zuckerrohrs, verfeinert mit Limetten und Ingwer, runtergespült werden. Der Garten ist ein beliebter Treffpunkt. Viele Jugendliche springen allabendlich bei Flut zur Belustigung der Zuschauer ins Wasser und vollziehen oftmals kunstvolle Piroutten. Die Sonnenuntergänge könnten am Strand von Stone Town nicht kitschiger sein.
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Eine halbtägige Spice-Tour auf der Gewürzinsel ist schon fast ein Muss. Mr Mitu führt täglich viele Interessierte auf einige Plantagen, und man lernt Gewürznelken, Muskatnuss, Pfeffer, Kardamom, Vanille, Kurkuma, Zitronengras und viele andere Pflanzen im Naturzustand kennen. Anschliessend wird ein feines Gemüsecurry serviert und zum Abschluss wird man noch an einen tollen Sandsttrand geführt, wo man eine Stunde lang im azurblauen, warmen Wasser planschen kann.
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Ebenfalls nicht verpassen sollte man auf Sansibar einen Schnorcheltrip. Die Korallenriffe und die Unterwasserwelt im türkisblauen Meer vor der Insel sind weltberühmt. Zwei Stunden Schnorcheln, unterbrochen von einem leckeren Lunch mit vielen Früchten, sind ausreichend, um gehörig Sonne abzubekommen und sich von der reichen Unterwasswelt bezaubern zu lassen.   OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Von Sansibar aus wagen Maria und ich uns auf die zweite grosse Insel, Pemba, die praktisch keine Touristen zu sehen bekommt. Man bekommt hier entsprechend auch keine netten Lodges und gestilten Restaurants mehr zu sehen. Pemba ist noch sehr ursprünglich und pittoresk. Nachts gibt es in der Hauptstadt Chake Chake eine Handvoll einfacher Holzstände, von Petrollampen notdürftig beleuchtet. Hier wird auf Zeitungspapier frittierter Pweza (Tintenfisch), Maandazi (Donuts) und Mishikaki (Fleischspiesschen) serviert. Ansonsten muss man sich mit Chipsi – Mayai, einer Art Tortilla, begnügen.
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Von Chake Chake buchen wir einen Ausflug auf die kleine Insel Misali, die seit 1998 geschützt ist. Nur Tagesbesucher sind erlaubt, Luxuslodges glücklicherweise nicht. Der Tag vergeht wie im Fluge: Schnorcheln vor dem Korallenriff, ein Spaziergang zu einem faszinierendem Mangrovenwald, in dem uns vor allem die Einsiedlerkrebse in den Bann ziehen.
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Mustafa, unser Kapitän, tischt uns ein einfaches, aber köstliches Mittagsessen mit Salaten und Früchten auf. Zur Verdauung kann man in einer Stunde man in knapp einer Stunde rings um die Insel laufen, durch lauschige Wälder, vorbei an einem kleinen Fischercamp mit grossen Baobabs, zu einem Strand, der von Meereschildkröten als Brutstätte aufgesucht wird. Oder man kann einfach im türkisblauen Meer baden, auf dem weissen Strand laufen und die Seele baumeln lassen.
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Ein weiterer Ausflug führt uns zum Städtchen Wete mit einem Dalla-Dalla, einem lokalen Bus. Pemba ist bekannt für die Gewürznelken. Wir entdecken ein Lagerhaus, in dem Nelken von der ganzen Insel zum Trocknen und zum Verkauf hergebracht werden. Am Hafen werden Oktopusse versteigert. Es ist Freitag, die Geschäftsaktivitäten ruhen zur Mittasgzeit, alle Läden und Restaurants schliessen, die Männer versammeln sich in der Moschee zum Freitagsgebet.
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Von der Insel Pemba aus gönnen wir uns einen Flug zurück auf das Festland, da dieser nur unwesentlich teurer ist als mit dem Schnellboot zurück nach Daressalam. Aus der Vogelperspektive können wir diesmal die Inselwelt von Pemba und Sansibar bestaunen. Ich darf mich besonders glücklich schätzen, da ich im Cockpit Platz nehmen darf.
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Im verschlafenen Tanga, das uns gut gefällt, ruhen wir uns einen Tag lang aus. Die indischstämmige Bevölkerung ist hier stark vertreten. Wer längere Zeit in Tanga lebe, der werde „inergetic“, meint ein Pakistani. Mit dem Bus fahren wir zurück nach Daressalam, wo ich mich dann nach zwei tollen Wochen schweren Herzens von Maria verabschiede.
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Ich bin wieder auf dem Rad. Zunächst fahre ich nach Bagamoyo, nördlich von Dar. Mitte des 19. Jahrhunderts war Bagamoyo noch bedeutend. Die Karavanenrouten vom Tanganjika-See endeten hier. Bedeutende Entdecker wie Burton, Stanley und Livingstone begannen hier ihre Expeditionen.
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Danach radle ich durch den Nationalpark Saadani, in dem Velos gestattet sind. Die Erdpiste ist gut befahrbar. Viele Affen, Flamingos, Warzenschweine und Kudus sind in der schönen Buschlandschaft auszumachen. In Pangani dann nehme ich Kurs auf die Usambara-Berge und radle nordwestlich Richtung Kilimanjaro. Endlich geht es dann etwas in die Höhe, auf rund 1‘000 M.ü.M. wird dann das Klima endlich wieder erträglicher, die Luft ist nicht mehr so feucht wie an der Küste. In Moshi, am Fusse des Kilimanjaro, mache ich dann vorerst Halt, um die Weiterfahrt nach Norden planen zu können.
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