Wo ist Karadzic ?

Als ich an der Grenze in Serbien und Montenegro ankomme, winken mir die Zoellner von der Ferne zu und geben mir zu verstehen, sofort anzuhalten. Zwei weiss bekleidete Maenner mit Mundschutz kommen zu mir und desinfizieren sorgfaeltig meine Pneus. Ich mache mit den Ellbogen Fluegelbewegungen “Quak, quak ?”. Sie nicken. Aha, avijaria influenza. Auch hier sind die Zoellner sehr freundlich, fragen mich aus und klopfen ein paar Sprueche. Nach einer mittleren Steigung ist die von mir ausgewaehlte Strecke in Serbien flach, dafuer nimmt der Verkehr ab Uzice deutlich zu. Ich werde mit dem fuerchterlichen Gestank der Ladas, Zastavas und Yugos eingenebelt. Abgasnormen scheinen in Serbien nicht zu existieren. Ebensowenig eine geregelte Abfallentsorgung, leider wird der Strassenrand oft als Muellkippe missbraucht.

In Pozega richte ich mich wieder einmal im einzigen Soviet-Style-Hotel ein, das zu meinem Erstaunen renoviert ist. Auf Empfehlung von Einheimischen suche ich eine ausgezeichnete Grillbude auf, wo Sasa sich sofort meiner annimmt und seinem nicht Englisch sprechenden Arbeitskollegen den Dienst verrichten laesst. Sasa, 32 Jahre alt, hat mir viel zu erzaehlen. Die Jungen fuehlen sich von Europa isoliert. Die Serben sind Raucher Nr. 1 in Europa. In der Frage der Kriegsverbrechen sind die Serben gespalten. Viele sehen Karadzic und Mladic als Kriegshelden an. Die Jungen wuenschen sich mehrheitlich deren Auslieferung an das Kriegsverbrechertribunal.














In einem Kaffee in Kraljevo komme ich sofort ins Gespraech mit Dejan und Dragan. Dragan, der nebenan ein Malergeschaeft fuehrt, spricht ein bisschen Englisch, waehrend Dejan, der rechts vom Kaffee einen Fischladen besitzt, nur ein paar Brocken Englisch zum Besten geben kann: “He is Colour-Man, me is Fish-Man”, er zeigt auf den Kaffee-Besitzer, “and he is Fuck-Man !” Gelaechter. Er fragt mich: “Are you Green-Man?” “No, I’m Biking-Man.” (was sonst denn …). Dejan und Dragan teilen mir mit, dass vor einer Viertelstunde der Tod von Milosevic im Fernsehen bekannt gegeben worden sei. Fuer sie sei Milosevic ein Verbrecher, fuer die aeltere Generationen nicht unbedingt. Spaeter sehe ich in einem Vorplatz, wie eine Gruppe von Nationalisten ein Gebet zu Ehren ihres verstorbenen ehemaligen Praesidenten (und vermeintlichen – es gilt ja die Unschuldsvermutung – Kriegsverbrecher ) unter freiem Himmel halten.


In der Naehe von Krusevac muss ich meine Augen reiben: hier fahren noch die ausrangierten gelb-roten Busse der BLT, die frueher in Liestal, Frenkendorf und Lausen verkehrt haben, unermuedlich weiter.

Die Serben habe ich im allgemeinen als sehr hilfsbereit, freundlich und sehr zuvorkommend erlebt. Ich habe mich jederzeit sicher gefuehlt. Wo es ging, habe ich allerdings die Grossstaedte gemieden. Leider sprechen nur wenige Serben Englisch. Oft bin ich zu einem Getraenk eingeladen worden. An einem Kiosk habe ich nach dem Weg gefragt, sofort bin ich mit einer Cola beschenkt worden. In Aleksinac haelt mich ein mintgruener Lada, beladen mit vier Paletten auf dem Autodach, an. Peda, der fliessend Englisch spricht, will wissen wo ich hingehe. Er zeichnet mir ein Kroki von der naechsten Stadt, Nis. Gibt mir die Telefonnummer seiner Ehefrau, die er mit der Suche einer guenstigen Unterkunft beauftragt. Erklaert mir den Weg. Toll.

Ab Pozega kann ich uebrigens wieder die Regensachen auspacken. Die Felder sind ueberschwemmt, die Fluesse sind laengst ueber die Ufer getreten. In Nis schneit es dann ueber die Nacht und die Temperaturen sinken unter Null Grad. Bis Dimitrovgrad (Gruss an alle Dimitris !) spule ich die Kilometer runter. Mit Rueckenwind (endlich !!) fliege ich bis nach Sofia, wo ich zur Zeit in einem Backpacker-Hostel bin. Mit einem Italiener, Francesco, der hier in Bulgarien eine Pizzeria eroeffnen moechte, habe ich gestern Nacht Sofia erkundet. Im Hinblick auf den EU-Beitritt scheint ein bisschen Goldgraeber-Stimmung zu herrschen. Die Bilder der Ueberschwemmungen in Griechenland beunruhigen mich nicht allzu sehr, die waermeren Temperaturen im Sueden ziehen mich an. Ich hoffe aber, dass mich an der griechischen Kueste trockeneres Wetter erwartet.

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